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Moscheearbeit

Wenn die Fremde zur Heimat wird: Eine Geschichte über Hijra, Glaube und Gemeinschaft

In unserer Moschee begegnen uns täglich Geschichten von Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten und hier in Deutschland ein neues Leben aufbauen. Jede dieser Geschichten trägt Schmerz in sich – aber auch unendlich viel Hoffnung und Glauben. Heute möchten wir eine solche Geschichte mit euch teilen: die Geschichte einer Schwester aus Syrien, die in der Fremde das wiederfand, was sie in der Sira unseres geliebten Propheten Muhammad ﷺ so oft studiert hatte.

Die Hijra – mehr als nur eine historische Begebenheit

„Ich habe die Lebensgeschichte unseres geliebten Propheten Muhammad ﷺ viel studiert”, erzählt uns die Schwester. „Dabei blieb ich immer bei einem wichtigen Abschnitt stehen: Wie er ﷺ eigenhändig das neue Zuhause für die Muslime aufbaute, nachdem sie nach al-Madina al-Munawwara ausgewandert waren.”

Für viele von uns ist die Hijra eine bedeutende geschichtliche Wendung im Islam – der Beginn unserer islamischen Zeitrechnung. Doch für jene, die selbst ihre Heimat verlassen mussten, wird diese Geschichte plötzlich lebendig. Sie wird zur eigenen Realität.

„Vielleicht beschäftigte mich diese Geschichte so sehr, weil auch ich eines Tages gezwungen war, mein Heimatland Syrien zu verlassen”, erklärt sie mit leiser Stimme.

Der Abschied: Wenn das Herz zurückbleibt

„Ja, ich ging schweren Herzens und reiste in ein Land, an das ich niemals in meinem Leben gedacht hätte auszuwandern. Als ich meine Sachen packte, fasste ich die Absicht, diese Reise in Gottes Nähe zu beginnen. So machte ich mich auf den Weg – verletzt und weinend.”

In diesen wenigen Worten liegt das Gewicht einer ganzen Lebensveränderung. Der Abschied von der Heimat, von der Familie, von allem Vertrauten. Und doch: die bewusste Entscheidung, diese schwere Prüfung als einen Weg zu Allah zu betrachten.

„Und als ich ankam und der Realität direkt gegenüberstand, wuchs der Schmerz noch mehr”, fährt sie fort. „Ich war fremd in allem: fremd in meiner Sprache, fremd in meiner Kultur, fremd in meinem Glauben, fremd in meinem äußeren Erscheinungsbild.”

لَا تَحْزَنْ إِنَّ اللَّهَ مَعَنَا – Sei nicht traurig, Allah ist mit uns

In diesen dunkelsten Momenten der Einsamkeit fand die Schwester Trost in den Worten Allahs – in jenem Vers, der die Hijra des Propheten ﷺ beschreibt:

{ إِذْ يَقُولُ لِصَاحِبِهِ لَا تَحْزَنْ إِنَّ اللَّهَ مَعَنَا }
„Als er zu seinem Gefährten sagte: Sei nicht traurig, gewiss, Allah ist mit uns.” (Surat at-Tawba, 9:40)

„Ich stellte mir diesen Moment vor”, erzählt sie, „zwischen dem Propheten ﷺ und seinem engsten Gefährten Abu Bakr رضي الله عنه – wie sein Herz schwer wurde, als er Mekka verließ, den Ort, den er liebte, und wie er die Gefahr spürte, die das Herz der Botschaft bedrohen könnte. Doch der Gesandte Allahs ﷺ beruhigte ihn und sagte: لَا تَحْزَنْ إِنَّ اللَّهَ مَعَنَا

Diese Worte wurden zu ihrer Kraftquelle. „Ich wiederholte sie immer wieder, stärkte mich mit ihren Bedeutungen und suchte in meiner Umgebung nach ihren Zeichen.”

Der Neuanfang: Wenn Allah Türen öffnet

Was dann geschah, beschreibt die Schwester als reine Gnade Allahs:

„Alhamdulillah – Allah segnete mich mit einer Kraft, die mich dazu brachte aufzustehen und zu arbeiten, um in meiner Fremde etwas aufzubauen, das mich tröstet. Und das geschah nur durch Seine Hilfe, als Er mir Menschen schenkte, die mir ähnlich sind. So begannen wir gemeinsam, in unserer Ferne ein kleines Zuhause zu errichten.”

{ وَكَانَ فَضْلُ اللَّهِ عَلَيْكَ عَظِيمًا }
„Und Allahs Huld gegen dich war gewaltig.” (Surat an-Nisa, 4:113)

„Doch Allahs Großzügigkeit blieb nicht dabei stehen”, fährt sie fort.

Das lebendige Erbe: Wenn Geschichte zur Gegenwart wird

„Wie ich euch erzählte, trug ich immer ein Bild in meinem Herzen: das Bild jener Moschee, die der Geliebte ﷺ mit seinen eigenen edlen Händen errichtete, und jener brüderlichen Verbundenheit, die er als Gesetz zwischen den Menschen festlegte – das Gesetz, das sagt, dass kein Araber einem Nicht-Araber überlegen ist, außer durch Gottesfurcht.”

Dann stellt sie die Frage, die den Kern ihrer Erfahrung berührt:

„Hättet ihr gedacht, dass ich dieses Erlebnis hier in Deutschland finden würde?”

Die Moschee – Ein Zuhause in der Fremde

„Ich wurde in eine kleine Moschee eingeladen, die Stein für Stein aufgebaut wurde. Als ich der Einladung folgte und eintrat, fand ich dort Schwestern, die den Frauen der Sahaba ähnelten – in ihrer Bedeckung und in ihrem edlen Verhalten.”

Was sie dort erlebte, war mehr als nur eine Begegnung. Es war die Verwirklichung dessen, wovon sie in der Sira gelesen hatte:

„Sie kamen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Sprachen – und doch verband sie das Wort: Lā ilāha illā Allah, Muhammadun Rasulullah.

Die Sprachbarriere, die sie anfangs so sehr gefürchtet hatte, spielte plötzlich keine Rolle mehr:

„Ich schaute sie an, unfähig, mich mit meiner schwachen Sprache auszudrücken. So war es die Sprache der Herzen und Blicke – die Barmherzigkeit des Islam, die uns verband. Wahrhaftig, ich fühlte, dass ich sie seit vielen Jahren kenne. Sie waren wirklich meine Familie. Mein Zuhause in der Fremde. Meine Verbindung zu unserem Propheten ﷺ, der das Gesetz der Brüderlichkeit unter den Muslimen festlegte.”

Die Mu’akha – Geschwisterlichkeit gestern und heute

Was unsere Schwester in unserer Moschee erlebte, erinnert uns an die Mu’akha – jene Geschwisterlichkeit, die der Prophet ﷺ in Medina zwischen den Muhajirun (den Auswanderern) und den Ansar (den Helfern) stiftete. Er ﷺ machte sie nicht nur zu Glaubensgeschwistern, sondern zu wahren Familien füreinander.

Heute, mehr als 1400 Jahre später, geschieht in unseren Moscheen dasselbe: Menschen aus Syrien, Somalia, der Türkei, Marokko, Deutschland, Bosnien und vielen anderen Ländern finden zusammen. Die Sprachen sind verschieden, die Kulturen unterschiedlich – aber das Band des Iman vereint sie alle.

„Während meiner Zeit im Büro der Dar as-Sunna fühlte ich mich, als wäre ich in einem kleinen Teil der Stadt des Gesandten Allahs ﷺ”, sagt die Schwester mit bewegter Stimme.

Die Botschaft: مَا وَدَّعَكَ رَبُّكَ وَمَا قَلَى

„So beschloss ich, diesen Ort festzuhalten und mich vor Allah dankbar zu verneigen und zu sagen:

{ مَا وَدَّعَكَ رَبُّكَ وَمَا قَلَى }
‚Dein Herr hat dich weder verlassen noch verabscheut.’ (Surat ad-Duha, 93:3)”

Diese Worte, die Allah zu Seinem Propheten ﷺ in einer schwierigen Zeit sprach, wurden auch für unsere Schwester zur Gewissheit: Auch wenn der Weg dunkel erscheint, auch wenn man sich verloren fühlt – Allah hat uns niemals verlassen.

„O Allah, bewahre unseren Glauben und die Sunna unseres Propheten ﷺ. Segne unsere Moscheen und schenke uns Annahme und Nähe zu Dir.”

Eine Einladung an euch alle

Diese Geschichte ist nicht nur die Geschichte einer Schwester. Sie ist die Geschichte vieler in unserer Gemeinschaft – und vielleicht auch deine Geschichte.

Unsere Moschee ist mehr als ein Gebäude. Sie ist ein Ort, an dem die Lehren des Propheten ﷺ lebendig werden. Ein Ort, an dem Fremde zu Familie werden. Ein Ort, an dem die Hijra nicht nur Geschichte ist, sondern gelebte Realität.

Wenn auch du dich manchmal fremd fühlst, wenn auch du nach einem Zuhause suchst – dann komm. Unsere Türen stehen offen. Denn in dieser Ummah ist niemand wirklich fremd.

Möge Allah unsere Gemeinschaft stärken, unsere Herzen vereinen und uns zu jenen zählen, die in Seiner Nähe leben – in dieser Welt und in der nächsten. Āmīn.

Wenn auch du eine Geschichte hast, die du teilen möchtest, oder wenn du Teil unserer Gemeinschaft werden möchtest, kontaktiere uns gerne. Wir sind für dich da – so wie diese Schwestern füreinander da waren.

Die Geschichte auf arabisch in den Worten der Schwester

قصة الأخت من سوريا – النص الأصلي بالعربية

كم درست سيرة الحبيب محمد عليه الصلاة والسلام، وكنت أقف عند منحىً مهمٍ فيها، وهو بناؤه صلى الله عليه وسلم بنفسه للموطن الجديد للمسلمين بعد هجرتهم إلى المدينة المنورة. كنت أفكر طويلاً بهذا الموضوع، ربما لأنني في يومٍ من الأيام اضطررت للخروج من بلدي سوريا. نعم، خرجتُ مكرهةً وتوجهتُ إلى بلادٍ ما خططتُ يوماً من أيام حياتي أن أهاجر إليها. نويتُ عند حزم أمتعتي أن أقصد باب الله في سفري، وانطلقتُ متألمةً باكيةً. وعندما وصلتُ وواجهتُ عين الحقيقة، زاد الألم مراراً. فأنا غريبةٌ بكل شيء: غريبةٌ بلغتي، بثقافتي، غريبةٌ بمعتقداتي، بمظهري. فصرتُ أكرر وأفكر في قوله تعالى: { إِذْ يَقُولُ لِصَاحِبِهِ لَا تَحْزَنْ إِنَّ اللَّهَ مَعَنَا } استشعرتُ تلك اللحظة التي رقّ فيها قلب الصاحب المقرَّب أبي بكر رضي الله عنه، وشعر بالهلع عند مغادرته مكة مهوى الفؤاد، وشعر بالخطر يقترب من أعماق دعوة النبي الخاتم عليه الصلاة والسلام. فإذا برسول الله صلى الله عليه وسلم يُهدِّئ من روعه ويخبره: { لَا تَحْزَنْ إِنَّ اللَّهَ مَعَنَا } فأعيدها وأكررها، وأتقوّى بمعانيها، وأبحث حولي عن مقاصدها. والحمد لله، أكرمني الله عز وجل بالقوة التي جعلتني أنهض وأعمل لبناء ما يعوّضني في غربتي. وكان ذلك بمعونةٍ منه سبحانه وتعالى أن جمعني بمن يشبهني، لنبني معاً موطناً صغيراً في غربتنا. { وَكَانَ فَضْلُ اللَّهِ عَلَيْكَ عَظِيمًا } لم يتوقف كرم الله سبحانه وتعالى هنا. فكما أخبرتكم، أن في ذهني وعقلي صورةً كنت أبحث عنها دائماً وأجول بها في مخيلتي بشكلٍ مستمر: ذاك المسجد الذي بناه الحبيب عليه الصلاة والسلام بيديه الشريفتين، وتلك الأخوة الإيمانية التي وضعها كقانونٍ يحمي جميع المواطنين، وقوله: “لا فرق بين عربيٍ وأعجميٍ إلا بالتقوى”. هل تتوقعون أنني عشتُ هذه التجربة في ألمانيا؟ لقد دُعيتُ لمسجدٍ صغيرٍ يتم بناؤه لبنةً لبنة. وعندما لبّيتُ الدعوة ودخلتُ إليه، وجدتُ هؤلاء الأخوات اللواتي يُشبهن الصحابيات بسترهن وخُلُقهن العظيم. كنّ من بلادٍ مختلفة، وثقافاتٍ ولغاتٍ مختلفة، يجمعهن كلمة: لا إله إلا الله محمد رسول الله. نظرتُ إليهن وأنا عاجزةٌ عن التعبير بلغتي الضعيفة، فكانت لغة القلوب والعيون التي تحمل رحمة الدين الإسلامي هي المحرِّك بيننا. صدقاً، شعرتُ أنني أعرفهن منذ سنواتٍ طويلة. هنّ بالفعل أهلي وأرحامي. هنّ موطني في غربة أيامي. هنّ نسبي لرسول الله صلى الله عليه وسلم الذي وضع قانون المؤاخاة بين المسلمين. كنتُ أشعر في أثناء تواجدي في مكتب دار السنة أنني في قطعةٍ مصغّرةٍ من مدينة رسول الله صلى الله عليه وسلم. فقررتُ أن ألزم هذا المكان، وأسجد شكراً لله عز وجل، وأردد: { مَا وَدَّعَكَ رَبُّكَ وَمَا قَلَى } اللهم احفظ علينا ديننا وسنة رسولنا صلى الله عليه وسلم، وبارك لنا في مساجدنا، وارزقنا القبول.

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Neuigkeiten

Professionalisierung von Moscheen: Unser Weg und eine Inspiration für andere

In einer Welt voller Herausforderungen brauchen unsere Moscheen mehr denn je klare Strukturen, die Spiritualität, Bildung und praktische Arbeit miteinander verbinden.
Unsere Gemeinschaft hat sich nach reiflicher Überlegung entschlossen, ein neues Organigramm einzuführen, das auf sechs zentralen Säulen basiert.
Hier erfährst du, warum wir diesen Schritt gegangen sind – und warum auch andere Moscheen überlegen sollten, ähnliche Wege zu gehen.

„Ordnung ist nicht das Ziel – sondern der Weg, damit Visionen Wirklichkeit werden.“


1. Die Verantwortung einer Moschee geht weit über das Gebet hinaus

Eine Moschee ist nicht nur ein Ort für das rituelle Gebet.
Sie ist ein Zuhause für Wissen, Gemeinschaft, Beratung, Erziehung und gesellschaftliches Engagement.
Deshalb mussten wir unser Denken erweitern: Welche Bereiche tragen wirklich zur Stärkung der Muslime bei?
Welche Aufgaben brauchen klare Zuständigkeiten?

2. Warum Struktur keine Bürokratie bedeutet, sondern Freiraum schafft

Manche fürchten, dass zu viel Struktur das Spirituelle erstickt.
Wir sehen es anders:
Eine gute Organisation schafft Freiraum für das Wesentliche – für Herz, Einladung, Lernen, soziales Engagement und wirtschaftliche Stabilität.
Ohne klare Wege drohen Überlastung, Chaos und Ineffizienz.

3. Die sechs Säulen – unsere Antwort auf die Anforderungen unserer Zeit

Unsere Struktur basiert auf sechs tragenden Säulen:

  • Moschee: Der spirituelle Mittelpunkt unserer Arbeit.
  • Bildung: Aufbau von Wissen und Charakter für Jung und Alt.
  • Dawa: Einladung zum Guten durch Wort und Tat, online und offline.
  • Firmen: Wirtschaftliche Projekte wie Lebensmittelgeschäft und Pizzeria für Stabilität und Zukunftssicherheit.
  • Dienstleistungen: Religiöse Begleitung bei Hajj, Umrah, Bestattungen und Eheschließungen.
  • Zentrale Dienste: Verwaltung, Finanzen, Facility Management – damit alles im Hintergrund reibungslos läuft.
4. Warum jede Moschee über ihre Struktur nachdenken sollte

In vielen Orten kämpfen Moscheen mit Ehrenamtserschöpfung, Unklarheit oder stagnierendem Wachstum.
Eine klare Struktur bietet eine Lösung:

  • Aufgaben werden verteilt
  • Verantwortung wird sichtbar
  • Engagement wird erleichtert
  • Visionen werden erreichbar
5. Ein Aufruf an alle Brüder und Schwestern

Unser Modell soll keine Ausnahme bleiben.
Wir möchten andere Moscheen inspirieren, über ihre eigenen Strukturen nachzudenken, sie zu erneuern und den kommenden Generationen ein lebendiges, funktionierendes Erbe zu hinterlassen.

Fazit:

In der Sunna finden wir Ordnung, Klarheit und Führung.
Unser neues Modell ist nur ein kleiner Schritt auf diesem Weg – aber ein notwendiger.
Wir hoffen, dass viele Gemeinschaften ähnliche Schritte gehen und dadurch die Stärke der Ummah in dieser Zeit erneuern.

Fatwas in der Filterblase – Wer spricht eigentlich für den Islam-min
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Fatwas in der Filterblase – Wer spricht eigentlich für den Islam?

„Ist das halal?“ – „Darf man das?“ – „Was sagt der Islam dazu?“
Diese Fragen begegnen uns täglich. In Gesprächen, auf Social Media, in Familien, WhatsApp-Gruppen oder Kommentarspalten. Und immer häufiger gibt es eine schnelle Antwort – oft sogar mit Siegel und Titel:

„Shaykh XYZ hat gesagt…“
„Eine Fatwa wurde veröffentlicht…“
„Ein Video dazu geht gerade viral…“

Doch wer darf eigentlich eine Fatwa geben? Was ist eine Fatwa überhaupt? Und was passiert, wenn wir damit leichtfertig umgehen?

1. Was ist eine Fatwa – und was nicht?

Eine Fatwa ist keine Meinung, sondern eine verantwortliche religiöse Einschätzung. Sie basiert auf:

  • einer tiefen Kenntnis des Qur’an und der Sunnah
  • dem Verständnis der vier Rechtsschulen (Madhāhib)
  • der Berücksichtigung von Umständen, Zeiten, Orten, Gesellschaften (Fiqh al-Wāqiʿ)

Sie ist kein TikTok-Kommentar. Keine Instagram-Story. Und schon gar kein Mittel zur Selbstvermarktung.

2. Wer darf eine Fatwa geben?

Ganz klar: Nur jemand, der qualifiziert ist.

  • Der in einer durchgehenden Tradition steht
  • Der Usūl al-Fiqh (Rechtsgrundlagen) studiert hat
  • Der nicht nur die arabische Sprache versteht, sondern auch die juristische Methodik
  • Und der die Verantwortung versteht, die mit jedem Wort kommt

Es ist wie bei Medizin:
Man kann vieles googeln. Aber wer ohne jahrelanges Studium Diagnosen stellt, gefährdet Leben.

Im Islam gefährdet man mit ungeprüften Fatwas nicht nur Menschen – sondern Seelen.

3. Das Problem der „Copy-Paste-Fatwas“

Wir leben in einer globalisierten Welt. Das ist eine Chance – aber auch eine Herausforderung. Fatwas aus dem Nahen Osten oder aus Asien werden oft ungeprüft übernommen. Ohne zu berücksichtigen:

  • den sozialen Kontext
  • die rechtliche Lage in Deutschland
  • die kulturellen Realitäten vor Ort

Ergebnis?
Verwirrung, Spaltung, Vertrauensverlust.

Und das Schlimmste: Viele Muslime wissen gar nicht mehr, an wen sie sich überhaupt wenden können.

4. Fatwas als Mittel der Spaltung

Leider werden Fatwas heute auch strategisch eingesetzt:

  • Um andere Gruppen zu diffamieren
  • Um politische oder ideologische Ziele zu erreichen
  • Um Kontrolle auszuüben

Ein Beispiel:
Eine Fatwa gegen das Gebet in einer bestimmten Moschee – nicht wegen echter Abweichung, sondern wegen persönlicher oder kultureller Differenzen.

Solche „Fatwas“ schaden der Ummah mehr als sie ihr nützen.

5. Die deutsche Realität: Zwischen Unsicherheit und Chance

In Deutschland gibt es kaum anerkannte, einheitliche Fatwa-Gremien. Stattdessen:

  • Viele Gemeinden agieren unabhängig
  • Einzelpersonen äußern sich ungefragt
  • Oft übernehmen Gläubige Fatwas aus ihren Herkunftsländern

Aber: Genau hier liegt auch eine gewaltige Chance.

Deutschland braucht:

  • ein authentisches, eigenständiges Fatwa-Gremium
  • mit Gelehrten, die hier lebenhier ausgebildet wurden oder die Lebensrealitäten hier kennen
  • das mit Weisheit, Wissen und Weitsicht arbeitet

Solange wir das nicht etablieren, bleiben wir abhängig – und oft zerrissen.

6. Was können wir tun?

Für Einzelne:

  • Sei vorsichtig, wem du religiöse Fragen stellst
  • Stelle lieber eine Frage zu viel als zu wenig
  • Achte auf die Herkunft der Fatwa
  • Nimm dir Zeit – echte Antworten brauchen Tiefe

Für Institutionen:

  • Fördert echte Talente im islamischen Wissen
  • Vernetzt euch mit qualifizierten Gelehrten
  • Arbeitet gemeinsam an einem verantwortungsvollen, kontextsensiblen Fatwa-Gremium
Fazit: Fatwa ist Verantwortung

Wer eine Fatwa gibt, spricht im Namen der Religion. Wer eine Fatwa weiterverbreitet, trägt Verantwortung. Und wer sich eine Fatwa einholt, sollte wissen, woher sie kommt.

„Fatwas sind nicht für Klicks da. Sondern für Seelen, die den Weg zu Allah suchen.“

Wie erkennen wir echtes Wissen in einer digitalen Welt?
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Wie erkennen wir echtes Wissen in einer digitalen Welt?

Wir leben in einer Zeit, in der jede Meinung in Sekunden gepostet, geteilt und verteidigt werden kann. Jeder hat eine Stimme – aber nicht jede Stimme hat Gewicht. Besonders im religiösen Bereich ist das ein sensibles Thema: Denn wenn es um den Islam geht, geht es nicht um Geschmack oder Stil. Es geht um Wahrheit, Verantwortung und Vertrauen.

Doch wie können wir echtes Wissen inmitten von Meinungen, Influencern, Clickbait und Algorithmen erkennen? Wie unterscheiden wir zwischen jemandem, der uns wirklich weiterbringt – und jemandem, der nur Likes sammelt?

Dieser Beitrag ist ein Versuch, Orientierung zu geben. Für Muslime, die lernen wollen. Für Familien, die ihren Kindern etwas Authentisches weitergeben wollen. Und für alle, die spüren: Es geht um mehr als um Worte.

1. Die Illusion der Professionalität

In der digitalen Welt wirkt alles „professionell“:

  • Jemand trägt einen Kaftan, sitzt vor einem Bücherregal und spricht ruhig → automatisch „Scheich“?
  • Jemand macht schöne Slides mit Qur’an-Zitaten → automatisch „Wissender“?
  • Jemand hat 1 Million Follower → automatisch „verlässlich“?

Fakt ist: Optik ersetzt keine Authentizität.
Man kann Wissen inszenieren – aber man kann es nicht faken. Zumindest nicht vor Allah, und nicht vor aufmerksamen Herzen.

2. Die Quelle: Woher kommt das, was gesagt wird?

Einer der wichtigsten Fragen, die du dir stellen kannst:

„Woher weißt du das?“

Ein echter Lehrer nennt Quellen. Er bezieht sich auf Qur’an, Hadith, die Aussagen der Gelehrten. Und zwar nicht willkürlich, sondern im Kontext. Er zitiert nicht nur – er versteht, erklärt, verknüpft.

Checkliste:

  • Werden Quellen genannt?
  • Wird der Kontext erklärt?
  • Wird das Wissen eingebettet in Tradition?
  • Oder wird einfach nur spekuliert, zitiert, gepostet?
3. Die Kette: Wer sind seine Lehrer?

Im Islam zählt die Überlieferungskette (Isnād). Wissen fällt nicht vom Himmel – es wird über Generationen weitergegeben.

Ein echtes Zeichen für Authentizität:
Die Person hat Lehrer. Sie hat studiert. Und ihre Lehrer haben studiert – bei anderen Lehrern. Bis zurück zu den Imamen des Islam.

Wenn jemand niemanden über sich nennt, ist das ein schlechtes Zeichen. Denn im Islam gilt:

„Wer sich selbst zum Lehrer nimmt, hat einen Narren zum Lehrer.“

4. Der Charakter: Was bewirkt das Wissen?

Wissen, das nicht zu Demut, Verantwortung und Liebe führt – ist kein echtes Wissen.

Achte auf:

  • Wie spricht die Person über andere?
  • Ist sie selbstkritisch oder rechthaberisch?
  • Baut sie Brücken – oder sucht sie Streit?
  • Führt sie Menschen zu Allah – oder zu sich selbst?

Ein Gelehrter ist kein Prediger, der andere schlecht macht. Sondern jemand, der Herzen heilt.

5. Die Wirkung: Macht dich das Gesehene besser?

Am Ende musst du dir die Frage stellen:

Was macht das mit mir?

  • Werde ich motivierter, zu beten?
  • Habe ich mehr Liebe zu Allah?
  • Wächst meine Verantwortung für die Ummah?
  • Oder werde ich wütend, stolz, überheblich?

Wissen ist Licht. Wenn es dich in die Dunkelheit zieht – ist es kein echtes Wissen.

6. Die Verantwortung der Konsumenten

Wir leben in einer Zeit, in der wir selbst entscheiden, was wir konsumieren. Das ist eine große Gnade – aber auch eine große Prüfung.

Du trägst Verantwortung:

  • Für deine eigene geistige Gesundheit.
  • Für das, was du teilst.
  • Für das, was du als „islamisch“ weitervermittelst.

Wenn du jemandem Reichweite gibst, der Menschen spaltet, verurteilt oder in die Irre führt – dann bist du Teil des Problems.

Fazit: Es gibt sie – die echten Lehrer

Ja, es gibt sie:
Die stillen, echten Lehrer. Die ʿUlamāʾ, die nicht auf der Bühne stehen, aber in Wohnzimmern, Moscheen, Schulen und Onlinekursen Menschen formen. Die leise, aber kraftvoll wirken. Die keine Likes brauchen – weil sie Herzen berühren.

Finde sie. Unterstütze sie. Lerne von ihnen. Baue mit ihnen.

Und erkenne: Nicht alles, was viral ist, ist wahr. Aber alles, was wahr ist, lohnt sich – auch wenn es verborgen ist.

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Was macht einen Gelehrten aus – und wer darf sprechen?

In einer Zeit, in der jeder auf TikTok, Instagram und YouTube seine Meinung kundtun kann, ist eine alte, fast vergessene Frage wieder hochaktuell: Wer darf im Namen des Islam sprechen – und warum gerade er oder sie?

Diese Frage ist kein Luxusproblem, sondern existenziell für jede muslimische Gemeinschaft. Denn inmitten der Informationsflut, der Konflikte und der Herausforderungen unserer Zeit brauchen Muslime Orientierung. Doch woher kommt diese Orientierung – und wer gibt sie?

Zwischen Tradition und Gegenwart

In der klassischen islamischen Tradition war die Sache klar: ʿUlamāʾ (Gelehrte) waren Menschen, die jahrelang gelernt, sich bewährt, sich geprüft und die Anerkennung ihrer Lehrer erhalten hatten. Ihr Wissen war tief, fundiert, durchdrungen von Gottesfurcht und Verantwortung.

Ein Gelehrter war nicht nur jemand, der wusste – sondern auch jemand, der lebte, was er wusste. Seine Spiritualität, sein Charakter, seine Geduld, seine Verantwortung für die Ummah: all das gehörte zu seiner Autorität.

Heute aber verschwimmen die Grenzen.

Die neue Bühne: Social Media

Heutzutage kann sich jeder ein Mikrofon kaufen, ein ansprechendes Logo basteln, ein paar Hadithe zitieren – und innerhalb weniger Wochen zum „Scheich“ aufsteigen. Man braucht kein Studium, keine Lehrer, keine Rechenschaft. Nur Reichweite.

Das Ergebnis: eine gefährliche Mischung aus Halbwissen, Selbstüberschätzung und spirituellem Showbusiness. Und das Schlimmste: Viele erkennen den Unterschied nicht mehr.

Doch diese Entwicklung ist nicht nur Schuld der „Influencer“. Sie ist auch das Resultat einer Lücke, die wir als Gemeinschaft selbst gelassen haben.

Denn: Wo sind die echten Lehrer? Wo ist die nächste Generation von ʿUlamāʾ? Wo ist die Struktur, die Wissen fördert, Autorität aufbaut – und schützt?

Kriterien eines Gelehrten – aus islamischer Sicht

Ein echter islamischer Lehrer oder Gelehrter zeichnet sich durch mehrere Säulen aus:

  1. Verlässliche Überlieferungskette (Isnād): Er oder sie hat von Lehrern gelernt, die wiederum bei Lehrern gelernt haben – bis zurück zu den Quellen des Islam.
  2. Fundiertes Wissen: In den Kernbereichen: Tafsīr, Fiqh, ʿAqīdah, Hadith, Usūl usw.
  3. Praxiserfahrung: Nicht nur Theorie, sondern Anwendung – im Alltag der Muslime, in ihren Fragen, Sorgen und Leben.
  4. Anerkennung durch Fachkollegen: Nicht durch Followerzahlen, sondern durch andere Gelehrte.
  5. Spiritualität und Charakter: Ein Gelehrter ist kein Star. Sondern jemand, der durch Bescheidenheit, Gottesfurcht und Fürsorge glänzt.
Wer darf sprechen?

Im Prinzip: jeder. Im Islam ist Reden keine exklusive Eliteangelegenheit. Aber: Nicht jeder darf über alles sprechen.

Ein Beispiel: Ein muslimischer Lehrer kann Kindern den Islam beibringen – aber daraus folgt nicht automatisch, dass er Fatwas erteilen darf. Jemand, der Qur’an rezitiert, ist nicht automatisch ein Mufti. Eine starke religiöse Meinung zu haben, ersetzt keine systematische Ausbildung.

Die Regel ist einfach, aber entscheidend:

Wer ohne Wissen spricht, führt die Menschen in die Irre – und trägt die Verantwortung.

Die Verantwortung der Zuhörenden

Doch auch die Zuhörer tragen Verantwortung. Wer bereit ist, jemandem zuzuhören, sollte sich fragen:

  • Wo hat diese Person gelernt?
  • Wer sind ihre Lehrer?
  • Was sagen andere Gelehrte über ihn oder sie?
  • Fördert diese Person Einheit – oder Spaltung?
  • Ist sie demütig oder selbstverliebt?
  • Bringt sie Menschen näher zu Allah – oder nur näher zu sich selbst?
Unsere Aufgabe als Gemeinschaft

Wir brauchen nicht nur echte Gelehrte. Wir brauchen auch Menschen, die sie erkennen können.

Dafür braucht es Bildung. Bewusstsein. Und eine kritische Auseinandersetzung mit dem, was wir konsumieren.

Und: Wir brauchen Strukturen, die neue Gelehrte fördern, sichtbar machen und schützen.

Gelehrte sind keine Stars, keine Prediger mit großen Reden, keine TikTok-Stars mit viralen Clips. Sie sind die Erben der Propheten – und verdienen eine Bühne, auf der sie wirken können. Eine Bühne, die wir als Gemeinschaft bauen müssen.

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Ulama in Germany: Wer hat aktuell das Sagen und warum?

In der muslimischen Landschaft Deutschlands stellt sich zunehmend eine unbequeme, aber zentrale Frage: Wer hat eigentlich von den Ulama (Gelehrten) in Deutschland das Sagen – und warum gerade er?

Diese Frage klingt im ersten Moment abstrakt, fast wie eine akademische Spielerei. Doch sie betrifft unser praktisches Leben als Muslime in Deutschland unmittelbar – in unseren Moscheen, auf unseren Konferenzen, in der Beratung unserer Jugendlichen, in der Bestimmung dessen, was „richtig“ oder „falsch“ islamisch ist. Sie entscheidet mit darüber, ob wir als Gemeinschaft zusammenwachsen oder weiter auseinanderdriften.

Zwischen Vielfalt und Zersplitterung

Es wäre ein Irrtum zu sagen, dass es in Deutschland keine islamisch Gebildeten gibt. Im Gegenteil: Es gibt zahlreiche ʿUlamāʾ, Lehrerinnen, Gelehrte und religiöse Autoritäten, die Wissen, Erfahrung und Hingabe mitbringen. Einige haben klassisch an traditionellen Zentren gelernt, andere verbinden akademische Bildung mit islamischem Wissen, wieder andere leben die Rolle des Gemeindevorbilds ganz praktisch, Tag für Tag.

Aber: Sie sind verstreut. Nicht nur geografisch – sondern auch innerlich. Viele arbeiten isoliert, meist in ihrem eigenen Umfeld, für ihre eigene Moschee, ihre eigene Herkunftsgruppe, ihren eigenen Kreis. Kaum jemand kennt die anderen wirklich. Es gibt keine stabile Plattform, kein verbindendes Netzwerk, keine gemeinsame Vision.

Das Ergebnis? Zersplitterung statt Einheit. Jeder sucht seine eigenen „Schäfchen“, doch keiner steht mit dem anderen in echtem Austausch. Empfehlungen bleiben lokal. Urteile konkurrieren miteinander. Autorität bleibt individuell statt kollektiv.

Die unsichtbaren Mauern

Diese Zersplitterung hat Ursachen. Einige davon liegen auf der Hand:

  • Kulturelle und nationale Grenzen. Viele Moscheen und Vereine orientieren sich an Herkunft: arabisch, türkisch, bosnisch, afghanisch, afrikanisch usw. Das führt dazu, dass sich Autorität oft innerhalb der eigenen Gruppe bildet – ohne dass ein gesamtislamischer Diskurs entsteht.
  • Fehlende gemeinsame Institutionen. Es gibt keine zentrale Instanz, die theologische Fragen bündelt oder inhaltlich moderiert. Keine Plattform, auf der Gelehrte sich regelmäßig austauschen, sich gegenseitig herausfordern, weiterbilden, bereichern.
  • Misstrauen und Konkurrenz. In einer Umgebung, wo jeder seine kleine Insel aufbauen muss, wächst oft nicht Kooperation, sondern Konkurrenz. Misstrauen dominiert: Wer den anderen anerkennt, verliert womöglich Einfluss.
  • Unklare Maßstäbe. Wer ist überhaupt ein Gelehrter? Wer darf sprechen? Wer darf urteilen? Diese Fragen bleiben oft unbeantwortet – was zur Folge hat, dass sich selbsternannte Experten und echte Gelehrte auf derselben Bühne begegnen. Und das Publikum erkennt oft keinen Unterschied.
Was fehlt?

Was also fehlt uns?

  • Ein Netzwerk der Gelehrten – made in Germany. Menschen, die hier leben, den Kontext kennen, auf Deutsch, Arabisch, Türkisch oder Bosnisch denken – und doch gemeinsam agieren, sich ergänzen, Verantwortung teilen.
  • Ein gemeinsames Ethos. Nicht jeder muss gleich denken oder urteilen. Aber ein gemeinsamer Respekt voreinander – auch bei Differenzen – wäre ein gewaltiger Schritt.
  • Strukturen für Nachwuchs. Wir brauchen mehr als nur Lehrer – wir brauchen Mentoren. Wer kümmert sich um die nächste Generation? Wer begleitet junge Studierende auf dem Weg zum Gelehrtentum?
  • Wirkliche Einheit in der Vielfalt. Nicht die Auflösung von Unterschieden, sondern deren Einbettung in ein größeres, tragendes Dach.
Und was jetzt?

Die Antwort auf „Wer hat das Sagen?“ kann heute noch niemand endgültig geben. Aber wir können beginnen, an den Grundlagen zu arbeiten:

  • Durch Begegnung.
  • Durch gemeinsame Projekte.
  • Durch freiwillige Anerkennung, nicht durch Machtanspruch.
  • Durch den Mut, auch eigene Eitelkeiten abzulegen – im Dienst an der Ummah.

Denn Autorität im Islam ist niemals Selbstzweck. Wer wirklich führen will, muss zuerst dienen. Und wer Dienen ernst nimmt, wird früher oder später von den Herzen der Muslime anerkannt.

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Ulama made in Germany – Eine neue Ära islamischer Bildung

In Deutschland leben über fünf Millionen Muslime. Wir sprechen Deutsch, zahlen Steuern, gehen zur Schule, arbeiten, gründen Unternehmen, engagieren uns sozial – wir sind Teil dieses Landes. Doch eine Frage bleibt oft unbeantwortet: Wer sind unsere religiösen Autoritäten? Wer lehrt unsere Kinder den Islam? Wer begleitet uns theologisch, spirituell und intellektuell durch die Herausforderungen der Moderne? Die Antwort lautet bisher zu oft: Menschen aus dem Ausland.

Warum das ein Problem ist

Viele der Gelehrten, die unsere Gemeinden heute prägen, kommen aus anderen Ländern. Das bringt viele Vorteile mit sich – ein Schatz an Wissen, jahrhundertelange Traditionslinien, Erfahrung. Doch oft stehen Sprache, Kultur und Lebensrealität zwischen ihnen und der hiesigen muslimischen Jugend.

Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen mit Deutsch als Muttersprache auf. Sie leben im Spannungsfeld zwischen islamischer Identität und einer pluralen Gesellschaft. Sie brauchen Lehrpersonen, die sie nicht nur auf Arabisch oder Urdu, sondern in ihrer Sprache und Denkweise erreichen – auf Deutsch, mit einem tiefen Verständnis für ihre Lebenswirklichkeit.

Was wir brauchen: Ulama made in Germany

Wir brauchen Gelehrte, die hier aufgewachsen sind, hier lernen, lehren und leben. Gelehrte, die Islamwissenschaften auf hohem Niveau studieren, aber auch deutsche Bildungsstandards verstehen. Die in Moscheen, Schulen und Universitäten wirken. Die den Islam nicht aus der Distanz, sondern mitten aus dem deutschen Alltag heraus vermitteln.

Diese Gelehrten braucht es, um:

  • Islamische Bildung kontextualisiert zu vermitteln
  • Missverständnisse abzubauen – in der Mehrheitsgesellschaft wie in den eigenen Reihen
  • eine authentische islamische Stimme in der Gesellschaft zu etablieren
  • die nächste Generation spirituell zu begleiten
  • eine eigenständige theologische Infrastruktur in Deutschland aufzubauen

Der Anfang ist gemacht – aber wir stehen am Anfang

Es gibt bereits erste Initiativen. Junge Menschen, die an islamischen Instituten studieren, Madaris gründen, eigene Curricula entwickeln. Frauen, die zu Gelehrten ausgebildet werden. Brüder, die sich im Bereich Fiqh, Hadith oder Tafsir spezialisieren – auf Arabisch UND Deutsch.

Aber es reicht nicht. Noch fehlt die breite Unterstützung. Noch fehlt es an Institutionen, Finanzierung, Anerkennung und einem strukturierten Ausbildungsweg.

Was jetzt zu tun ist

Damit aus Hoffnung Realität wird, braucht es:

  1. Ausbildungsstätten für Ulama in Deutschland – auf Deutsch und Arabisch
  2. Finanzielle Förderung für Studierende und Lehrende
  3. Kooperation zwischen Moscheen, Bildungszentren und Wissenschaft
  4. Öffentlichkeitsarbeit, um das Thema sichtbar zu machen
  5. Eine Community, die diese Vision mitträgt

Ein Ruf an alle Moscheen, Vereine und Aktive:
Bildet aus! Unterstützt junge Talente! Lasst nicht zu, dass wir auch in 20 Jahren noch von außen theologisch versorgt werden.

Fazit

„Ulama made in Germany“ ist mehr als ein Slogan. Es ist ein notwendiger Schritt für die Zukunft des Islam in Deutschland. Für eine Religion, die nicht importiert, sondern integriert wird. Die in dieser Gesellschaft verankert ist – auf der Basis von Offenbarung, Wissen und Verantwortung.

Lasst uns diese neue Generation nicht nur erwarten – sondern mit aufbauen.

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Ulama made in Germany

Wer führt unsere muslimischen Kinder morgen? Wer predigt, wenn wir alt sind? Wer erklärt den Islam auf Deutsch, mit Verstand, Empathie und Tiefgang?
Dieser Blogbeitrag ist ein ehrlicher Blick auf eine der zentralen Fragen unserer Zeit.

Dieser Beitrag ist erst der Anfang

Die Debatte über „Ulama made in Germany“ öffnet viele Türen, die in kommenden Blogbeiträgen weitergeführt werden sollen inshallah:

Warum die Zukunft islamischer Gelehrsamkeit in Europa geschrieben wird

Inmitten wachsender muslimischer Communities in Deutschland stellt sich eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit: Wer wird die islamische Führung der nächsten Generation übernehmen? Werden wir weiterhin auf Gelehrte aus dem Ausland zurückgreifen? Oder ist es an der Zeit, dass in Deutschland ausgebildete, hier lebende und in der Gesellschaft verwurzelte Ulama den Raum betreten?

Diese Fragen sind mehr als theoretisch – sie berühren die Identität, Autonomie und Zukunft der Muslime in Deutschland.

Der Hintergrund: Zwischen Import und Isolation

In den letzten Jahrzehnten wurde islamisches Wissen in Europa vorwiegend importiert. Gelehrte aus Ägypten, der Türkei, dem Maghreb, Pakistan oder Saudi-Arabien kamen für Predigten, Seminare oder als ständige Imame in die Moscheen. Viele von ihnen taten großartige Arbeit, doch die kulturelle Distanz, die sprachlichen Barrieren und das fehlende Verständnis für den hiesigen Kontext blieben ein tiefes strukturelles Problem.

Zugleich wuchs eine junge, muslimische Generation in Deutschland heran. Sie besuchten deutsche Schulen, deutsche Universitäten, sprechen die Sprache fließend, verstehen die kulturellen Nuancen – und sind oft doch religiös führungslos oder suchen Orientierung in digitalen Räumen voller Polarisierung und Halbwissen.

Warum „Ulama made in Germany“ kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist

1. Kontextuelle Relevanz:
Ein in Deutschland lebender Gelehrter weiß, wie das Leben eines jungen Muslims hier aussieht. Er kennt den Schulalltag, die islamischen Herausforderungen am Arbeitsplatz, den Umgang mit Behörden, Medien, Politik – und kann religiöse Prinzipien in diesen Kontext übersetzen.

2. Sprachliche Zugänglichkeit:
Deutschsprachige Ulama erreichen Menschen auf einer ganz anderen Ebene – gerade jene, die kein Arabisch, Türkisch oder Urdu sprechen. Sie können Freitagspredigten halten, die nicht nur verstanden, sondern gefühlt werden. Sie können Texte verfassen, die Muslime und Nicht-Muslime zugleich ansprechen.

3. Vertrauensbasis:
Eine Führungsperson aus der eigenen Community genießt ein anderes Maß an Vertrauen und Verbundenheit. Sie teilt Erfahrungen, Milieus, kulturelle Codes.

4. Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit:
Wir müssen weg von kurzfristigen Lösungen und hin zu einer langfristigen Vision: die Ausbildung eigener Gelehrter, die hier leben, hier bleiben, hier Verantwortung übernehmen.

Wo stehen wir aktuell?

Es gibt erste positive Entwicklungen: Einzelne Institute und Moscheen starten Ausbildungsprojekte, Initiativen für Imamausbildungen entstehen, vereinzelt reisen junge Muslime ins Ausland, um Wissen zu erwerben und bringen es mit einer neuen Haltung zurück.

Doch die Zahl dieser Initiativen ist gering. Es fehlt an koordinierten Strukturen, klaren Finanzierungsmodellen, interinstitutionellen Kooperationen – und vielleicht am wichtigsten: dem Bewusstsein, wie dringend dieses Projekt ist.

Was jetzt zu tun ist

1. Ausbildungseinrichtungen fördern:
Wir brauchen Bildungseinrichtungen mit echtem Tiefgang – die nicht nur Theorie vermitteln, sondern Persönlichkeiten formen.

2. Talent entdecken und unterstützen:
In unseren Moscheen sitzen zukünftige Ulama – Jugendliche mit Liebe zur Religion, Sprachgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Sie brauchen Mentoring, Förderung und konkrete Wege.

3. Ehrenamt entlasten – Hauptamt stärken:
Ein nachhaltiger religiöser Dienst braucht finanzielle Sicherheit. Der Weg zum Ulama darf nicht an Miete, Lebensunterhalt oder Familienlasten scheitern.

4. Frauen als Gelehrte stärken:
Wir brauchen auch „Ulama made in Germany“ in weiblicher Form – starke Frauen, die lehren, beraten, führen, schreiben und Vorbilder für kommende Generationen sind.

5. Gemeinschaftliche Verantwortung aufbauen:
Diese Aufgabe darf nicht an Einzelnen hängen. Moscheen, Verbände, Eltern, Förderer – sie alle müssen an einem Strang ziehen.

Fazit:

Die nächste Generation wird uns fragen, ob wir Gelehrte in Europa hatten, die sie verstanden haben. Ob wir ihnen Menschen an die Seite gestellt haben, die sie auf Deutsch, mit Empathie und fundiertem Wissen begleiten konnten.
Die Zeit, um damit zu beginnen, ist jetzt.

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Sind Muslime Gäste in Deutschland?

Ein Denkanstoß für Muslime in Europa

Viele von uns – ob als Eingewanderte oder als Kinder und Enkel von Einwanderern – hören diesen Satz immer wieder: „Ihr seid Gäste hier.“
Doch sind wir das wirklich?

Ein Gast bleibt eine gewisse Zeit, benimmt sich höflich, bedankt sich – und reist dann wieder ab.
Aber was, wenn man gar nicht mehr abreist?
Wenn man hier geboren wurde, hier aufgewachsen ist, die Sprache spricht, arbeitet, Steuern zahlt, Kinder großzieht, Schulen besucht, Verantwortung übernimmt?

Gäste bauen keine Häuser.
Gäste gründen keine Schulen.
Gäste schaffen keine Arbeitsplätze.
Gäste machen keinen Generationenvertrag.
Gäste werden nicht begraben.

Muslime in Deutschland sind längst keine Gäste mehr. Wir sind Teil dieses Landes, Teil dieser Gesellschaft – mit unserer Religion, unserer Kultur, unseren Werten. Das bedeutet aber auch, dass wir nicht in der Zuschauerrolle bleiben dürfen.

Wir müssen aktiv gestalten.

Wir dürfen nicht nur reagieren – wir müssen mitgestalten.
Ob im Bildungsbereich, in sozialen Projekten, in der Nachbarschaft, im öffentlichen Dialog oder im politischen Engagement: unsere Stimme, unser Beitrag zählt.

Unsere Moscheen sind dabei zentrale Orte.
Nicht nur für das Gebet, sondern für Bildung, Zusammenhalt, Fürsorge, Aufklärung und Dialog.
Sie müssen offene Räume werden – für Muslime und für alle, die sich für das friedliche Miteinander interessieren.

Was heißt „Zuhause“?

Zuhause ist nicht nur ein Ort. Es ist ein Gefühl.
Ein Ort, an dem man Verantwortung übernimmt.
Ein Ort, an dem man sich bemüht, etwas Besseres zu hinterlassen.
Ein Ort, den man liebt – mit allen Herausforderungen.

Deutschland ist für Millionen Muslime längst ein solches Zuhause geworden.
Das bedeutet nicht, dass wir uns anpassen müssen, bis wir nichts mehr von uns selbst wiedererkennen.
Aber es bedeutet, dass wir unsere Identität mit Stolz leben – und zugleich Verantwortung für das große Ganze übernehmen.

Unsere Aufgabe:

Wir sind nicht Gäste. Wir sind Gastgeber der nächsten Generation.
Wir bauen Strukturen, die bleiben.
Wir formen eine Zukunft, in der unsere Kinder nicht mehr gefragt werden:
„Woher kommst du wirklich?“
Sondern in der sie gefragt werden:
„Wie hast du es geschafft, so viel Positives zu bewegen?“

Möge Allah uns die Kraft geben, diesen Weg aufrichtig und weise zu gehen.
Möge Er unsere Gemeinschaft stärken und unsere Arbeit segnen.

Amin.