Ulama made in Germany – Eine neue Ära islamischer Bildung
In Deutschland leben über fünf Millionen Muslime. Wir sprechen Deutsch, zahlen Steuern, gehen zur Schule, arbeiten, gründen Unternehmen, engagieren uns sozial – wir sind Teil dieses Landes. Doch eine Frage bleibt oft unbeantwortet: Wer sind unsere religiösen Autoritäten? Wer lehrt unsere Kinder den Islam? Wer begleitet uns theologisch, spirituell und intellektuell durch die Herausforderungen der Moderne? Die Antwort lautet bisher zu oft: Menschen aus dem Ausland.
Warum das ein Problem ist
Viele der Gelehrten, die unsere Gemeinden heute prägen, kommen aus anderen Ländern. Das bringt viele Vorteile mit sich – ein Schatz an Wissen, jahrhundertelange Traditionslinien, Erfahrung. Doch oft stehen Sprache, Kultur und Lebensrealität zwischen ihnen und der hiesigen muslimischen Jugend.
Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen mit Deutsch als Muttersprache auf. Sie leben im Spannungsfeld zwischen islamischer Identität und einer pluralen Gesellschaft. Sie brauchen Lehrpersonen, die sie nicht nur auf Arabisch oder Urdu, sondern in ihrer Sprache und Denkweise erreichen – auf Deutsch, mit einem tiefen Verständnis für ihre Lebenswirklichkeit.
Was wir brauchen: Ulama made in Germany
Wir brauchen Gelehrte, die hier aufgewachsen sind, hier lernen, lehren und leben. Gelehrte, die Islamwissenschaften auf hohem Niveau studieren, aber auch deutsche Bildungsstandards verstehen. Die in Moscheen, Schulen und Universitäten wirken. Die den Islam nicht aus der Distanz, sondern mitten aus dem deutschen Alltag heraus vermitteln.
Diese Gelehrten braucht es, um:
- Islamische Bildung kontextualisiert zu vermitteln
- Missverständnisse abzubauen – in der Mehrheitsgesellschaft wie in den eigenen Reihen
- eine authentische islamische Stimme in der Gesellschaft zu etablieren
- die nächste Generation spirituell zu begleiten
- eine eigenständige theologische Infrastruktur in Deutschland aufzubauen
Der Anfang ist gemacht – aber wir stehen am Anfang
Es gibt bereits erste Initiativen. Junge Menschen, die an islamischen Instituten studieren, Madaris gründen, eigene Curricula entwickeln. Frauen, die zu Gelehrten ausgebildet werden. Brüder, die sich im Bereich Fiqh, Hadith oder Tafsir spezialisieren – auf Arabisch UND Deutsch.
Aber es reicht nicht. Noch fehlt die breite Unterstützung. Noch fehlt es an Institutionen, Finanzierung, Anerkennung und einem strukturierten Ausbildungsweg.
Was jetzt zu tun ist
Damit aus Hoffnung Realität wird, braucht es:
- Ausbildungsstätten für Ulama in Deutschland – auf Deutsch und Arabisch
- Finanzielle Förderung für Studierende und Lehrende
- Kooperation zwischen Moscheen, Bildungszentren und Wissenschaft
- Öffentlichkeitsarbeit, um das Thema sichtbar zu machen
- Eine Community, die diese Vision mitträgt
Ein Ruf an alle Moscheen, Vereine und Aktive:
Bildet aus! Unterstützt junge Talente! Lasst nicht zu, dass wir auch in 20 Jahren noch von außen theologisch versorgt werden.
Fazit
„Ulama made in Germany“ ist mehr als ein Slogan. Es ist ein notwendiger Schritt für die Zukunft des Islam in Deutschland. Für eine Religion, die nicht importiert, sondern integriert wird. Die in dieser Gesellschaft verankert ist – auf der Basis von Offenbarung, Wissen und Verantwortung.
Lasst uns diese neue Generation nicht nur erwarten – sondern mit aufbauen.